Friedrichstraße 30
Wilhelm Ziegler wurde am 9. Mai 1884 in Ludwigsburg geboren. Seine Eltern waren Wilhelm und Karoline, geb. Etter. Am 2.12.1919 heiratete er Elisabeth Klein *23.7.1887 in Heilbronn. Als Beruf ist Kaufmann angegeben. Das Ehepaar wohnte spätestens ab 1920 in der Friedrichstrasse 30 im 2.Stock.
Während des Ersten Weltkriegs war Wilhelm Ziegler Kriegsfreiwilliger in einer Artillerieeinheit, zuletzt in einem Artilleriedepot. Näheres darüber war nicht zu erfahren.
Schon jahrelang litt Wilhelm Ziegler an progressiver Paralyse, bevor er 1924 in der Universitätsklinik Tübingen eine Malariakur machte. Diese Therapie wurde damals sowohl bei Malariakranken als auch bei Menschen mit Geschlechtskrankheiten angewendet, es lässt sich also kein Rückschluss aus der Behandlung auf die ursprüngliche Erkrankung ziehen, auch nicht darauf, dass er Kriegseilnehmer in einem Malariagebiet (z.B. auf dem Balkan) gewesen sein könnte.
Am 6. Januar 1930 heißt es in einem Bericht von Dr. Walter Pintus, der 1938 selbst ein Opfer der Nazis wurde: „Seither hat sich Herr Z. wieder langsam verschlimmert; insbesondere treten in letzter Zeit Erregungszustände, Gehör- und Sinnestäuschungen auf. Ebenso macht zur Zeit sein verändertes psychisches Verhalten (Unberechenbarkeit der Handlungsweise, Bedrohungen seiner Frau) seine Verbringung in eine staatliche Anstalt für einige Zeit, z.B. Weinsberg, dringend notwendig.“
Wilhelm Ziegler erklärt am 27. Februar 1930: „Mein Krankheitszustand hat sich sehr verschlechtert. Ich finde zu Hause keine Ruhe mehr und sehe ein, dass für mich die Unterbringung in einer geeigneten Heilanstalt am zweckmäßigsten ist. Ich gebe hiermit meine Zustimmung zu meiner alsbaldigen Verbringung in die Heilanstalt Weißenhof [Weinsberg]“.
Seine Frau erklärt am selben Tag: „Der Zustand meines Mannes ist derart, dass ein Zusammenleben mit ihm unmöglich ist. Er leidet an Wahnvorstellungen und bedroht mich öfter. Seine Krankheit hat sich in den letzten Tagen zusehends verschlechtert. Unter diesen Umständen bleibt mir nichts anderes übrig, als meinen Mann sobald wie möglich in einer geschlossenen Anstalt unterzubringen, wozu ich hiermit ausdrücklich meine Zustimmung gebe.“
Am 28. Februar 1930 kommt er in die Heilanstalt Weinsberg, wo er zehn Jahre lang lebt. Aus der Krankenakte erfahren wir nur, dass er unruhig ist, viel schreit, jedoch auch bei der Gartenarbeit hilft und einen guten Appetit hat. Bis zu seiner „Verlegung in eine andere Anstalt“, d.h. bis zu seiner Ermordung in Grafeneck am 19. August 1940, bleibt er in Weinsberg. Als Todesort ist im Totenschein Hartheim/Oberdonau angegeben, eine Verschleierungstaktik der Nazis. Ein Urnengrab in Ludwigsburg gab es nicht.
Gisela Scharlau,
Stand März 2015